Research fellowships in Germany
U-Boot-Bunker Valentin: Die Abwesenheit fotografieren

Wie lebt es sich im Schatten von 500.000 Kubikmetern Beton? Fellow und Artist in Residence am Hanse-Wissenschaftskolleg Christophe Delory wollte es herausfinden und begab sich auf eine fotografische Zeitreise.

Christophe Delory, Fotograf aus dem französischen Argenton sur Creuse, war 2019 für mehrere Monate am HWK, um an seinem Projekt „U-Boot-Bunker Valentin – To Photograph the Absence” (Die Abwesenheit fotografieren) zu arbeiten. Im Rahmen seines Projekts am HWK versucht Christophe Delory, sich dem Bremer Bunker Valentin fotografisch zu nähern. 

Aus seinem Fellowship am Hanse-Wissenschaftskolleg gingen zahlreiche Fotografien hervor, von denen insgesamt rund 80 mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten und unterschiedlichen Größen im Rahmen der Ausstellung "Bunker 'Valentin': Erinnerungsort. Lebensort." an den drei Besuchsorten Institut Français Bremen, Denkort Bunker Valentin sowie Bremische Bürgerschaft vom 8. Mai bis 18. Juni 2021 zu sehen waren. Mit dieser gemeinsamen Ausstellung erinnern die Bremische Bürgerschaft, das Institut français und der Denkort Bunker Valentin an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa. 

Die drei Ausstellungen wurden von der Karin und Uwe Hollweg Stiftung, der Waldemar Koch Stiftung, der deutsch-französischen Gesellschaft Bremen, dem Hanse-Wissenschaftskolleg, dem HWK Alumni-Club, der Amicale française de Neuengamme et de ses Kommandos und der Sparkasse Bremen gefördert. Das Projekt stellt außerdem die erste Förderung der Vereinigung der ehemaligen Fellows und Gäste des Hanse-Wissenschaftskollegs dar.

Christophe Delorys Arbeitsschwerpunkt ist das Porträt. Durch das Medium des Bildes sucht er nach der „Stärke und Schönheit der menschlichen Seele”, nach der Verbundenheit unter den Menschen, also nach dem Allgemein-Menschlichen. Der Untertitel „Die Abwesenheit fotografieren” bezieht sich dabei auf die augenfällige Abwesenheit von sowohl Arbeitern wie auch U-Booten und soll zur Reflexion über die Leerstelle anregen, welche die Werft, die nie ihrer Bestimmung übergeben wurde, im sozialen Gefüge der Stadt hinterlassen hat und weiterhin hinterlässt. 

Geschichte des Bunkers

Der Bunker wurde zwischen 1943 und 1945 von 12000 Zwangsarbeitern aus Ost- und Westeuropa, der Sowjetunion und Italien sowie von KZ-Häftlingen und Insassen der Umerziehungslager der Bremer Gestapo als U-Boot-Werft gebaut. Ungefähr 2000 Personen starben während der Bauphase. Im Endzustand sollte auf der Werft alle zwei Tage ein deutsches U-Boot vom Stapel laufen. 2015 wurde der Bunker zum „Denkort Bunker Valentin”.

Ein Teil des Bunkers wurde von 1960 bis Ende 2010 von der Bundeswehr als Teildepot des Wilhelmshavener Marinematerialdepots 2 genutzt. Zwischen Mai 2011 und November 2015 wurde dieser Teil zu einer Gedenkstätte mit Besucherzentrum umgebaut. Begehbar ist heute der Teil des Bunkers, der von der Bundesmarine als Depot genutzt wurde. Der zerstörte Teil des Bunkers ist seit Ende der Umbauarbeiten in einem Tunnel einsehbar.

Das Leitthema von Christophe Delorys photographischer Studie ist die generationenübergreifende Verbundenheit unter den Menschen und ihre Fähigkeit, sich mittels der Erinnerung miteinander in Beziehung zu setzen. Es geht ihm um das Verhältnis der Menschen aus der Nachbarschaft, teils direkten und indirekten Zeugen, zu dem monumentalen geschichtsträchtigen Gebäude. Er nähert sich ihnen durch Fotos der Anlage selbst sowie Porträts und Interviews in ihrem Umfeld in Bremen-Farge.

Eine Studie, in der der Bunker Valentin mit den Werften in Brest, St. Nazaire oder andernorts verglichen wird, befindet sich in Planung.

Trailer zur Ausstellung

Christophe Delory ist ein französischer Fotograf, der für viele seiner Arbeiten ausgezeichnet wurde. Während seines Aufenthalts in Delmenhorst hat er den Bunker "Valentin" entdeckt und war mehrfach die Woche vor Ort. Derzeit arbeitet Christophe Delory an seinem nächsten fotografischen Projekt über die Norddeutsche Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei "Nordwolle" in Delmenhort.

Der Fotograf Christophe Delory
Christophe Delory

Mehr zu Christophe Delorys Projekt finden Sie unter den folgenden Links:

Pressemitteilung des Denkort Bunker Valentin

Website von Christophe Delory