Earth
Das Anthropozän verstehen
Das System Erde ist ein hochkomplexes System, in das der Mensch immer tiefer eingreift und die natürlichen Gleichgewichte und Stoffkreisläufe verändert. Der immer rasanter ablaufende Klimawandel ist damit auch eine Folge menschlichen Handelns, so dass die Erdsystemforschung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Eine besondere Rolle bei der Klimaentwicklung spielen die Ozeane, die das Klima nicht nur thermisch, sondern auch durch den Austausch von Gasen mit der Atmosphäre beeinflussen.
Das „Anthropozän“ ist eine von Nobelpreisträger Paul Crutzen geprägte Bezeichnung für dasjenige Erdzeitalter, in dem die Einwirkung menschlicher Aktivitäten auf die Umwelt eine mit natürlichen Einflüssen vergleichbare Dimension erreicht hat. Nach einem Vorschlag britischer Geologen soll die seit fast 12.000 Jahren bis heute andauernde Warmzeit, das Holozän, vom „Zeitalter des Menschen“ (griechisch Anthropozän) abgelöst werden, um den Umbruch in der Natur zu beschreiben. Dieses Zeitalter steht für die Summe aller menschengemachten Umweltveränderungen, ob positiv oder negativ. Als ein möglicher Beginn dieser Epoche wird das Jahr 1800 diskutiert, der Beginn der Industrialisierung. Seit dieser Zeit steigt die Konzentration des Treibhausgases CO2 in der Biosphäre an, was neben steigenden Temperaturen und dem damit verbundenen Anstieg des Meeresspiegels zu einer Versauerung der Ozeane führt.
Ziel der Meeres- und Klimaforschung am Hanse-Wissenschaftskolleg ist, anhand von Rekonstruktionen der Klimageschichte und mariner Stoffkreisläufe das aktuelle Klimageschehen besser zu verstehen und nicht nur Prognosen über die künftige Klimaentwicklung und deren Auswirkungen auf marine Ökosysteme und Prozesse zu erstellen, sondern auch den anthropogenen Einfluss zu analysieren und Handlungsnotwendigkeiten abzuleiten. Daraus ergeben sich folgende Themenbereiche:
- Auswirkungen des globalen Wandels auf marine Ökosysteme
- Biogeochemische Stoffkreisläufe und ihre Änderungen
- Einfluss natürlicher und anthropogener Belastung
- Reduktion/Vermeidung der Emission klimarelevanter Gase
- Nachhaltige Nutzung mariner Ressourcen
- Marine mikrobielle Gemeinschaften und ihre Rolle im Klimawandel
- Biodiversität und Artenverschiebung
- Wechselwirkung der Küstenmeere mit dem Ozean
- Veränderungen der Hydro-und Sedimentdynamik
- Langfristige Küstenentwicklung
Das Hanse-Wissenschaftskolleg bietet als interdisziplinäres Institute for Advanced Study mit seinen vier Wissenschaftsgebieten beste Voraussetzungen für inter- und transdisziplinäre Ansätze in Form von Fellowships, Tagungen und Projekten. Im Bereich „Earth“ werden, neben Themen der klassischen Disziplinen wie Marine Biologie, Geologie, (Bio-) Geochemie, Meteorologie oder Physikalische Ozeanographie auch integrierte Lösungsansätze entwickelt, wie z.B. Klimaforschung und Governance oder Integriertes Küstenzonenmanagement als Brückenschlag zu den Sozialwissenschaften. Ebenso vorhanden sind Ansätze für Kooperationen mit der Energieforschung und der Psychologie, wie z.B. die Frage, ob der globale Klimawandel mit einem kognitiven Wandel der globalen Zivilisation einhergeht.
Thematische Projektförderung (Beispiele)
- Paläoklimatische und paläoozeanographische Rekonstruktionen
- Entwicklung neuer Biomarker und Proxys
- Studien geochemischer und biogeochemischer Kreisläufe
- Studien zum Partikelfluss im Ozean
- Mikrobielle Gemeinschaften in marinen Sedimenten
- Auswirkung von Klimavariabilität und Klimawandel
- Modellierung von Ozean-Zirkulation und Turbulenzen
Gegenwärtige und zukünftige Fellows werden ausdrücklich ermutigt neue Themen aufzugreifen und in die Forschungslandschaft der Nordwestregion hineinzutragen.
Regionale Kooperationspartner (Auswahl)
- MARUM-Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
- Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM), Universität Oldenburg
- Jacobs University Bremen
- Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (MPI), Bremen
- Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremerhaven
- Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT), Bremen