Nordseeküste und Meeresspiegelanstieg - Wie kann die Zukunft aussehen?

Wie kann die Küste an einen höheren Meeresspiegel der Nordsee angepasst werden? Mit dieser Frage befassten sich an den letzten zwei Tagen am Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst 20 Experten und Betroffene in einem dritten Workshop zur Vorbereitung des ambitionierten Buchprojekts "Kursbuch Küste", das von der Bremer Landesbank und dem Hanse-Wissenschaftskolleg gefördert wird.

Wie ist die aktuelle Situation?

Auch ohne stärkeren Meeresanstieg ist die Nordseeküste schon in ein Dilemma geraten, so die Diagnose der Teilnehmer. Während das Meer in den letzten Jahrhunderten langsam stieg, sackte die eingedeichte Marsch. Ohne Deiche würden die Nordseefluten deshalb auch jetzt schon weit bis ins Binnenland reichen. Könnte das Sacken der Marsch gestoppt und die Siedlungen höher gelegt werden, so der Projektleiter Professor Karsten Reise vom Alfred-Wegener-Institut, hielte sich bei Deichbruch ein Desaster in Grenzen.

In Anbetracht des angekündigten Meeresspiegelanstiegs erhöht der Küstenschutz vorsorglich Deiche und Ufermauern. Bisher reichen diese Maßnahmen, wie die Auswirkungen des Orkans Xaver im Dezember letzten Jahres gezeigt hätten. Doch die Gesprächsrunde war sich einig, dass das nicht die einzige Reaktion auf die langfristigen Trends bleiben kann. Aber wann ist die Zeit reif für einen Kurswechsel an der Küste? Da man diese Frage nicht konkret beantworten kann, sollte die Debatte über neue Küstenanpassungen schon jetzt geführt werden, um nicht von einem möglichen Desaster überrascht zu werden. Genau dazu will das Kursbuch Küste einen Beitrag leisten.

Wie kann die Zukunft aussehen?

In den Niederlanden wird schon viel darüber nachgedacht, wie man sich mit höheren Wasserständen arrangieren kann. So könnten Sturmfluten über abgeflachte Deichabschnitte schwappen, um wieder neue Sinkstoffe in die Marsch zu bringen. Auf den ersten Blick unmöglich – aber wenn Siedlungen kompakt auf erhöhtes Terrain gelegt werden oder wie Hausboote schwimmen könnten und solche Wasserlandschaft die Urlauber lockt, wäre dies nach Meinung der Teilnehmer des Workshops eine denkbare Lösung. Solche Varianten muten auf den ersten Blick exotisch an. Doch, so Dr. Michael Schirmer, Deichhauptmann in Bremen, die öffentliche Debatte sei heute wesentlich offener für solche Vorschläge als vor 20, 30 Jahren. Als ein Beispiel für die Anpassung an höhere Wasserstände auch in den Städten brachte Dr. Klaus Janke von der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt die HafenCity in Hamburg in die Diskussion ein. Dort seien z.B. die Autoparkplätze in der ersten Etage platziert und die Fußwege seien so konzipiert, dass auch bei einem höheren Wasserstand die Gebäude miteinander verbunden sind.

 

 

Nur eine authentische, vom Binnenland deutlich unterscheidbare Küstenlandschaft könnte aufgrund ihrer Besonderheiten und Attraktivität wirtschaftlich auf Tourismus bauen. Wenn in Beispielprojekten erste Erfahrungen gesammelt würden, so Dr. Stefanie Nolte von der Universität Hamburg, wäre eine solch neue Küste perspektivisch eine Antwort auf den Meeresanstieg.

 

In diesem Jahr sollen noch mindestens zwei weitere Gesprächsrunden am Hanse-Wissenschaftskolleg im Rahmen des Projektes "Kursbuch Küste" stattfinden, bevor das für 2015 geplante Küstenbuch mit den Ergebnissen der Workshoprunden geschrieben werden kann

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