Dem Anstieg des Meeresspiegels kreativ begegnen: Das Projekt "Kursbuch Küste"

Ergebnisse des 2. Workshops "Kursbuch Küste" vom 07. - 08. November im HWK

Wie könnten nachhaltige Anpassungen aussehen, wenn das Meer immer höher steigt und Deiche nicht mehr ausreichen? Diese Frage stellten sich 22 Experten in der zweiten Runde zur Vorbereitung des "Kursbuch Küste"“ ein ambitioniertes Buchprojekt, das von der Bremer Landesbank und dem Hanse-Wissenschaftskolleg (HWK) gefördert wird. Während es in der ersten Runde im August noch um Grundsätzliches ging, wurde jetzt im zweiten Workshop vom 7. bis zum 8. November 2013 über den Meeresanstieg, über Raumplanung und maritime Wirtschaft beraten.

Das Unbequeme vorweg: Die Höhe des Meeresanstiegs durch den Klimawandel lässt sich noch nicht vorhersagen. Zu unklar ist, wie schnell Eismassen von der Antarktis ins Meer gleiten oder wie viel Wärme der tiefe Ozean aufnehmen wird. Sicher ist nur, dass das Meer schneller ansteigen wird als bisher. Selbst ein sprunghafter Anstieg ist nicht auszuschließen. Umso mehr ist rechtzeitige Vorsorge geboten, wo die Küste so flach ist wie an der Nordsee. Das gilt besonders für tief liegende Marschen und für die Inseln aus Sand.

Den Inseln kann mit einem satten Polster aus aufgespültem Nordseesand voraussichtlich auf lange Sicht geholfen werden. Das wäre effektiver als Dünendurchbrüche nach Sturmfluten zu stopfen. Das Problem der Marsch ist ihr fortschreitendes Sinken, während das Meer weiter steigt. Gegen diese "Küstenschere" helfen Deicherhöhungen auf Dauer nicht. Die Küste müsste mit dem Meer wachsen können.

Es gilt Lösungen zu finden, die auch dann noch Sinn machen würden, wenn das Meer weniger steigt als befürchtet. Gesucht wird nach Anpassungen, die insgesamt die Küstenregion stärken und krisensicherer machen. Nachgedacht wird über ein Mosaik von künstlich aufgehöhten, sturmsicheren Bereichen und dazwischen liegenden, weniger gesicherten, überflutbaren und dadurch mitwachsenden Feuchtgebieten. Die könnten vor allem touristisch genutzt werden, mit Häusern auf Warften oder Pfählen. Gleichzeitig wären damit wirksame Senken für Treibhausgase gewonnen. Die Nordseeküste könnte so zusammen mit ihrer Windenergie zu einer klimaneutralen Modellregion werden.

Die Beratungsrunde in Delmenhorst ist sich im Klaren, wie brisant dieses Thema an der Küste ist. Eine Kursänderung hin zu nachhaltiger Anpassung an ein immer weiter steigendes Meer wäre nur in vielen kleinen Schritten und über mehrere Jahrzehnte möglich. Am Ende könnte die Marschenregion aber sogar wirtschaftlich gestärkt aus solch einem Umbau der Küstenlandschaft hervorgehen. Der maritimen Wirtschaft dürfte der Klimawandel kaum Probleme bereiten. Sie könnte sogar langfristig profitieren, vorausgesetzt, die Seehäfen an der Nordseeküste einigen sich auf eine bessere Arbeitsteilung. Weitere Vertiefungen der Fahrrinnen von Elbe, Weser und Ems wären ein trojanisches Pferd für künftige Sturmfluten und sollten daher nicht weiter verfolgt werden.

Die Beratungen in Delmenhorst für das "Kursbuch Küste" sind noch längst nicht abgeschlossen. Drei weitere Gesprächsrunden werden im nächsten Jahr folgen, bevor das Kursbuch Küste geschrieben wird. Erscheinen soll es im Jahr 2015.

 

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