Fachveranstaltung

Klima, Wasser, Moore - Skizzen zu einem neuen Umgang mit Moorland

14. Februar 2022

Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joosten, Greifswald

Zeitraum
14. Februar 2022 | 19:30 Uhr
Sprache
Deutsch
Veranstaltungsort
ONLINE auf https://hanse-ias.de/digital

Barrierefreiheit
barrierefrei
Organisatoren
Dr. Hans-Christian Schröder, Delmenhorster Universitätsgesellschaft
Bijan Kafi, Hanse-Wissenschaftskolleg
Art der Veranstaltung
Öffentlicher Vortrag in Zusammenarbeit mit der Delmenhorster Universitäts-Gesellschaft e. V.

Weitere Informationen

Obwohl Moore weltweit mehr Kohlenstoff enthalten als alle Waldbiomasse zusammen, wurde ihre Bedeutung lange übersehen. Die vorwiegend für die Land- und Forstwirtschaft entwässerten Moore emittieren über zwei Gigatonnen CO2-Äquivalent pro Jahr. Damit sind also 0,3% der Landfläche der Erde für disproportionale 5% der anthropogenen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich.

Weltweit möglicherweise noch wichtiger ist die Moorsackung: Während aufgrund der Erderwärmung der Meeresspiegel ansteigt, werden Moore durch entwässerungsbasierte Nutzung buchstäblich heruntergewirtschaftet und verlieren – je nach Klima und Nutzung – zwischen einigen Millimetern bis zu mehreren Zentimetern Höhe pro Jahr. Weltweit können wir dadurch in den kommenden Jahrzehnten 10-20 Millionen Hektar an produktivem Land durch unkontrollierte Flutung verlieren.

Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, müssen alle noch natürlichen Moore nass bleiben, die entwässerten wiedervernässt werden und sollte eine Nutzung nur unter nassen Bedingungen stattfinden.

Die höchste Priorität und die größten Herausforderungen bei der Wiedervernässung liegen bei den landwirtschaftlich genutzten Mooren. Bis jetzt wurden diese bei der Wiedervernässung meist aus der Produktion genommen. Das werden wir uns – weltweit und auch in Deutschland – jedoch nicht mehr umfassend leisten können. Die Entwicklung und Einführung nasser Produktionsverfahren („Paludikulturen“) ist dringend notwendig. Sie können die Umweltschäden herkömmlicher Moornutzung vermeiden und erlauben es gleichzeitig, Moore produktiv zu nutzen.

Die Vorteile einer nassen Nutzung von Mooren sind volkswirtschaftlich so groß, dass man sich fragen kann, warum solche „Paludikultur“ nicht schnell und flächendeckend umgesetzt wird. Paludikultur steht jedoch dem historischen Erbe von 10.000 Jahre „trockener“ Landwirtschaft entgegen. Sie beinhaltet meist eine Neukonzeption der ganzen Produktionskette: von Ausbildung, Gewächsauswahl, Technik, Infrastruktur und Logistik, Produkten, Förderung, Forschung bis hin zu integrativen Wertschöpfungskonzepten. Als Übergangsstrategie zur vollständigen Umsetzung von Paludikultur können Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen – vor allem Kohlenstoffzertifikate – dienen.

Moor muss nass: Fürs Moor, fürs Land, fürs Klima, für immer!

Redner

Der "Moorpapst" Hans Joosten wechselte nach wissenschaftlichen Stationen in den Niederlanden an das Institut für Botanik und Landschaftsökologie der Universität Greifswald. Dort forschte und lehrte er bis zu seinem gerade begonnenen Ruhestand. Hans Joosten ist Mitbegründer des Greifswald Moor Centrum und hat der dortigen Moorexpertise weltweites Renommee verschafft. In mehr als 600 wissenschaftlichen Publikationen wies der Umweltpreisträger auch darauf, wie sehr die Entwässerung von Mooren zur Klimakrise beiträgt. Auf vielen Forschungsreisen in die Moorgebiete der Welt – von Alaska über den Kongo bis nach Nordkorea – machte er neue Entdeckungen, etwa das mittlerweile als Weltnaturerbe anerkannte Regendurchströmungsmoor in Georgien.