30. Oktober 2012, 19.30 Uhr
Hanse-Wissenschaftskolleg
Lehmkuhlenbusch 4
27753 Delmenhorst
Dass wir auf zwei Beinen gehen, halten wir für selbstverständlich, und doch ist der Mensch eines der ganz wenigen Lebewesen, die dazu in der Lage sind.
Was macht den Menschen zum Menschen? Was erhebt ihn – im wahrsten Sinne des Wortes – über alle anderen Lebewesen? Was beschert ihm seine Sonderstellung, Hochmut und Rückenprobleme inklusive? Der Philosoph Prof. Dr. Kurt Bayertz hat das Denkmotiv des "aufrechten Ganges" durch zweieinhalbtausend Jahre Geistesgeschichte verfolgt, von Ovid, in dessen Schöpfungsgeschichte der "rohe, ausdruckslose Erdenkloß" durch seine Aufrichtung erst menschlich wird, über die "aufrecht kriechenden Maschinen" bei La Mettrie, die trotz all ihrer Bemühungen stets "nur Tiere" bleiben, bis hin zum Appell an den "aufrechten Gang" im November 1989 in der DDR.
Die Körperhaltung bestimmt stark das menschliche Selbstbild und findet in der Politik bis heute ihren Ausdruck im "aufrechten" Menschen als Metapher und Symbol für ein würdiges Leben.
"Es wäre angesichts der erstaunlichen Balanceleistung, die der Mensch mit jedem Stand und Schritt vollführt, hier nicht das angemessene Bild, wenn wir sagten, dass dieses Buch einen von den Beinen haut. Aber es lässt den Leser neu auf die Geschichte der gedanklichen Daseinsbewältigung blicken, aus der die eigene körperliche Bedingtheit ja nie ganz herauszuhalten ist" (Süddeutsche Zeitung, 09.10.2012).
Kurt Bayertz ist seit 1993 Professor für Praktische Philosophie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Die philosophische Anthropologie ist eines seiner wichtigsten Arbeitsgebiete.
Während seines Aufenthaltes am HWK als Fellow (Okt.2009-März 2010) verfasste er Teile des jetzt erschienen Buches "Der aufrechte Gang".
Matthias Bormuth ist seit Juli 2012 Professor für Vergleichende Ideengeschichte am Institut für Philosophie der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Auf der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Heisenberg-Professur wird der Medizinethiker und -historiker das interdisziplinäre Profil des Psychiaters und Philosophen Karl Jaspers aufnehmen und ideengeschichtlich weiterführen.
Johann Kreutzer ist seit 2002 Professor für Geschichte der Philosophie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Forschungsschwerpunkte sind u.a. der Deutscher Idealismus (mit Schwerpunkt Hölderlin), Ästhetische Theorie und Kritische Theorie.