Schlüsselthemen musikalischer Grundlagenforschung: Interdisziplinäre Musikforschung und Musikphilosophie heute

Koordination 

Dr. Dorothe Poggel (HWK)

Mitglieder

  • Prof. Dr. Wolfgang Detel (Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt)
  • Jun.-Prof. Dr. Jin Hyun Kim, (Humboldt-Universität zu Berlin), ehemalige HWK-Fellow (Sprecherin)
  • Prof. Dr. Stefan Koelsch (Freie Universität Berlin)
  • Prof. Dr. Johann Kreuzer (Universität Oldenburg)
  • Prof. Dr. Georg Mohr (Universität Bremen)
  • Prof. Dr. Uwe Seifert (Universität zu Köln)
  • Prof. Dr. Matthias Vogel (Justus-Liebig-Universität Gießen)

Laufzeit

01. Januar 2015 - 31. Oktober 2018

Problemstellung

Im jüngeren interdisziplinären Forschungszusammenhang wird dem Phänomen Musik verstärkt Aufmerksamkeit gewidmet: Es wird untersucht, welche funktionalen Gemeinsamkeiten und Unterschiede Musik und Sprache haben, ob sich in vorsprachlicher sozialer Interaktion und Koordination – wie in derjenigen zwischen Kleinkind und Mutter – ein als „musikalisch“ zu bezeichnendes Verhalten beobachten lässt, und ob Musik eine fundamentale Rolle für die Konstitution des menschlichen Bewusstseins spielt. Dabei zeigt sich Musik als eine Grundfähigkeit des Menschen, deren adäquates Verständnis eine Neukonzeptualisierung von Musik erforderlich macht. Hierzu widmet sich die Study Group einer zeitgemäßen musikalischen Grundlagenforschung, die den verschiedensten Aspekten dieser menschlichen Grundfähigkeit gerecht wird.

In der musikwissenschaftlichen Forschung wurde bislang diversen, zum Teil recht divergierenden Ansätzen zu einer musikalischen Grundlagenforschung nachgegangen, wie beispielsweise Beschreibungen von Musik im Rahmen einer Geschichte der Musiktheorie, psychophysikalischen Erklärungen oder korrelativ-soziologischen und -psychologischen Herangehensweisen. Die Study Group exploriert hingegen die Möglichkeit einer integrativen musikalischen Grundlagenforschung, indem sie unter Berücksichtigung relevanter vormoderner wie moderner bewusstseinsphilosophischer Theorien nach Kategorien und Prinzipien fragt, durch die sich – nach Carl Dahlhaus – ein bestimmtes Phänomen als Musik konstituiert.

Um bereits etablierte Forschungsansätze im Bereich Musikphilosophie für eine zeigemäße musikalische Grundlagenforschung zu öffnen, wird interdisziplinär ausgerichtete kognitionswissenschaftliche Musikforschung einbezogen, in der Musik als kognitive Funktion bzw. kognitives System untersucht wird. Besonders berücksichtigt werden neuere Untersuchungsperspektiven, die sich weniger auf das Individualpsychische richten, sondern vielmehr auf das soziokulturell eingebettete Geistige, so dass traditionelle psychologische und neurowissenschaftliche Forschungsansätze zur Musikwahrnehmung und zum Musikverstehen durch eine Verbindung mit sozialwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Fragestellungen erweitert werden, wie dies etwa bei neueren kognitionswissenschaftlichen Ansätzen der Situated Cognition oder der Social Neuroscience erkennbar ist.

Ziele/Produkte

Angestrebt wird ein intensiver Austausch von Philosophen und kognitionswissenschaftlich orientierten Musikforschern, der eine gemeinsame Basis für eine zeitgemäße musikalische Grundlagenforschung mit sich bringen sowie eine Umakzentuierung der jeweiligen Forschungsschwerpunkte beinhalten könnte. Dieser Ansatz wurde bereits während eines HWK Junior Fellowships der Sprecherin exploriert und positiv bewertet.

Als zentrales Ziel wird für zukünftige Forschungen ein aus gemeinsamen Forschungsprojekten bestehendes Forschungsprogramm zu den von der Study Group erarbeiteten relevanten Schlüsselthemen entwickelt. Zu diesem Zweck sind Publikationen dieser Schlüsselthemen einer zeitgemäßen musikalischen Grundlagenforschung auf internationaler Ebene vorgesehen.

Veranstaltungen

Es handelt sich um eine dynamische Study Group, die, von der Erarbeitung grundlegender Begriffe ausgehend, auf folgenden Fragen basierende Themen behandeln wird:

  • aus welchen Grundelementen und welcher Gestalt die als „musikalisch“ bezeichneten Phänomene bestehen
  • inwieweit musikalisches Erleben möglich ist, d.h. wie eine Einheit des Erlebens konstituiert wird, dem das Prädikat „musikalisch“ zugeschrieben wird

Dabei sollen Phänomene, die sich nicht auf Musik als Tonkunst einschränken, sondern in unterschiedlichen kulturellen Kontexten als musikalische Phänomene beschrieben werden – z.B. außereuropäische Ritualkulturen, gegenwärtige Projekte der sound art und Wiegenlieder, berücksichtigt werden.

Ein erstes Planungstreffen der Kernmitglieder aus den Bereichen Philosophie und kognitionswissenschaftliche und empirische Musikforschung hat am 09. März 2015 am Hanse-Wissenschaftskolleg stattgefunden.

 

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Dr. Dorothe Poggel
Head of Program BRAIN & MIND