Nachruf

† Prof. Dr. Serhiy Tsokolov

Vor wenigen Tagen verstarb Prof. Dr. Serhiy Tsokolov, Fellow am Hanse-Wissenschaftskolleg (HWK) in Delmenhorst. Serhiy Tsokolov war seit November 2008 Fellow am HWK und lebte hier mit seiner Ehefrau Lada und einem kleinen Sohn. Das HWK mit allen seinen Fellows und Mitarbeitern trauert um Prof. Serhiy Tsokolov.

Serhiy Tsokolov wurde im November 1963 in Krivyi Rih, einer Bergbau- und Stahlstadt im Süden der Ukraine geboren. Nach einem Studium der Medizin in Krivyi Rih erwarb er 1988 einen weiteren Abschluss in Biologie und Biochemie an der Lomonossow-Universität in Moskau und war dann in seiner Heimatstadt als Labormediziner tätig. Die Auflösung der UdSSR, der Fall der Berliner Mauer und die plötzliche Reisefreiheit ermöglichten Serhiy Tsokolov Besuche in zahlreichen westeuropäischen Ländern  und er begann ein Studium der Philosophie. 1995 wurde Serhiy Tsokolov, wiederum an der Lomonossow-Universität, für eine Arbeit über das Verhältnis von Wissenschaft und Ideologie in der Eugenik der Doktor der Philosophie verliehen. In  Deutschland fand er  immer wieder Wissenschaftler, die mit ihm diskutierten und ihm die akademische Basis boten, die er in seinem Heimatland nicht fand. In den 1980er und 1990er Jahren galt sein Interesse nicht zuletzt dem Konstruktivismus und er machte sich durch Übersetzungen wichtiger Werke westlicher Forscher in die russische und ukrainische Sprache verdient. 2002, erneut an der Lomonossow-Universität, habilitierte sich Serhiy Tsokolov mit einer Arbeit zur theoretischen Begründung des Konstruktivismus.

Als Naturwissenschaftler und Philosoph befasste sich Serhiy Tsokolov intensiv mit der Frage "Was ist Leben?". Einer Frage, die angesichts neuer Erkenntnisse über Leben sowohl auf anderen Planeten als auch in nahezu sauerstofffreien Bereichen am Meeresgrund immer wichtiger wird. Vom Herbst 2002 bis zum Sommer 2003 verbrachte er seinen ersten Fellowshipaufenthalt am HWK und stand im geistigen Austausch mit Neurowissenschaftlern, Physikern und Meeresforschern. 2005 und 2006 konnte er mit einem Stipendium der Fulbright-Kommission in den USA arbeiten, diesmal in enger Kooperation mit Chemikern und Biologen. Anknüpfend an den USA-Aufenthalt kam er 2008 erneut nach Delmenhorst. Hier arbeitete Serhiy Tsokolov mit viel Engagement weiter an einem Buch  zum Thema "Was ist Leben?"; trotz schwindender Kräfte konnte er das Buch beinahe abschließen.

Der ausdrückliche Dank des HWK geht an die Medizinische Klinik des Städtischen Klinikums in Delmenhorst; ohne das große Engagement und die Fürsorge von Ärzten, Schwestern und Pflegern wären die letzten Monate für Serhiy Tsokolov und seine Familie sehr viel schwerer gewesen.

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