Öffentlicher Vortrag im HWK in Zusammenarbeit mit dem NordwestRadio "Wissenschaft im Radio"

Schwangerschaft und frühe Kindheit: Morgendliche Übelkeit während der Schwangerschaft – ein evolutionärer Anpassungsmechanismus

Dr. Sebastian Kohl (Innsbruck)

Montag, 08. Februar 2010, 20:00 Uhr
Hanse Wissenschaftskolleg, Lehmkuhlenbusch 4
27753 Delmenhorst

Übelkeit und Brechreiz (nausea and vomiting during pregnancy, NVP) ist ein häufig auftretendes Phänomen in der frühen Schwangerschaft, gepaart mit hohem Leidensdruck für die Betroffenen. Diese sogenannte Morgenübelkeit beginnt etwa zwei bis vier Wochen nach der Empfängnis und endet spätestens in der 16. Schwangerschaftswoche. Etwa 70% aller Schwangeren quälen sich in den ersten drei Monaten mit dieser Übelkeit, wobei insbesondere Kaffee und fette, saure oder stark gewürzte Speisen, aber auch Fleisch, Fisch oder Eier oder intensive Gerüche die Morgenübelkeit auslösen können.
Ging man bislang davon aus, dass starke hormonelle Veränderungen die Symptome auslösen, weisen neuere Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Übelkeit ein Mechanismus ist, der schon vor Urzeiten als Schutzfunktion diente, um eine Aversion gegen Lebensmittel zu entwickeln, die giftig sind oder Giftstoffe enthalten können. Dieser Mechanismus hat sich bis heute erhalten und schützt die Frauen davor, sich und das Baby durch falsche Ernährung in Gefahr zu bringen.

Dr. Sebastian Kohl stellt in seinem Vortrag die Ergebnisse einer kulturvergleichenden Studie bei 565 Müttern in Südafrika, Guatemala und Deutschland vor, die die These stützt, dass diese morgendliche Übelkeit kulturübergreifend zu beobachten ist und durch die Evolution selektiert wurde, weil sie der frühen Schwangerschaft mehr Nutzen als Schaden bringt. Der Wert dieses Syndroms könnte in der Nahrungsumstellung liegen, in der Zunahme sozialer Unterstützung, Verhaltensanpassung, früheres Erkennen der Schwangerschaft sowie die positive Beeinflussung der embryonalen Entwicklung. Um die Funktionalität der morgendlichen Übelkeit zu verstehen, wird der Referent den gesamten Symptomenkomplexes mit seinen psychisch-emotionalen Auswirkungen aufzeigen.

Dr. med. Sebastian Kohl
studierte Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, absolvierte Praktika in der Universitätsklinik in Hamburg, im Radiologischen Zentrum München in Pasing, in Universitätskliniken  in Pretoria, Südafrika, in Italien, Guatemala und in der Schweiz.
Seit Dezember 2008 ist Sebastian Kohl Assistenzarzt bei Prof. Dr. O. Pachinger in der Universitätsklinik Innsbruck.
Sein besonderes medizinisches Interesse gilt der Sportmedizin; sein wissenschaftlicher Schwerpunke sind u.a. Themen der evolutionären Medizin.

Nächste HANSE-VORTRÄGE im Frühjahr 2010 in Zusammenarbeit mit dem NordwestRadio im Rahmen von "Wissenschaft im Radio":

Montag, 12. April 2010,
Prof. Dr. Detlef Rost (Marburg)
"Die Entwicklung der Intelligenz von der Wiege bis zur Bahre"

Montag, 10. Mai 2010
Prof. Dr. Hans Markowitsch (Bielefeld)
"Alt und vergesslich"

Alle Vorträge sind öffentlich, sie finden jeweils um 20:00 Uhr im Vortragssaal des Hanse-Wissenschaftskollegs statt. Der Eintritt ist frei.

Wie immer werden die "Hanse-Vorträge" vom NordwestRadio aufgezeichnet und zu einem späteren Zeitpunkt ausgestrahlt.

 

zurück