Pressemeldung

Woher kommt der Plastikmüll in der Nordsee und wohin geht er: Forscher, Politik und Zivilgesellschaft suchen am Hanse-Wissenschaftskolleg nach Lösungen für ein globales Problem

Plastikmüll betrifft nicht nur die Weltmeere, sondern auch die See vor der eigenen Haustür. Und trotz vieler gut gemeinter Ideen zu seiner Vermeidung gibt es noch große Wissenslücken: Wer sind die Verursacher? Wie verbreitet sich der Müll? Wie kann er vermieden werden? Das Institut für Biologie und Chemie des Meeres (ICBM) und das Institut für Umweltwissenschaften (IBU) der Universität Oldenburg greifen das Thema mit der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer und der Deutschen Allianz Meeresforschung am Hanse-Wissenschaftskolleg im Rahmen einer viel beachteten Fachtagung auf. Die Tagung unterstreicht die Bedeutung des Hanse-Wissenschaftskollegs und der Stadt Delmenhorst als Orte der Begegnung namhafter Wissenschaftler und Praktiker auf der Suche nach Lösungen für Herausforderungen von großer gesellschaftlicher Bedeutung.

Woher kommt der Nordsee-Müll und wohin driftet er?

Vom 17.-18.9.2019 diskutieren Wissenschaftler, Politiker und Vertreter von Behörden und Zivilgesellschaft über die Ergebnisse des 2016 gestarteten Forschungsprojekts „Makroplastik in der südlichen Nordsee“. In dem Projekt, das mit 1,4 Mio. € durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur finanziert wird, haben sich Meeresforscher und Umweltplaner zusammengetan, um Entstehung, Transport und Ablagerung des Meeresmülls besser zu verstehen. „Dank des Forschungsprojekts wissen wir, wie Makrokunststoffe in den Meeren vermieden werden können. Die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen aus der Wissenschaft geben einen klaren Auftrag, achtsam mit unserem lebenswichtigen Ökosystem umzugehen“, so Niedersachsens Wissenschaftsminister Björn Thümler. „Niedersachsen ist ein Küstenland. Deshalb ist die Meeresforschung für uns ein zentraler Wissenschaftsbereich, den wir gezielt ausbauen.“

Die Projektergebnisse zeigen, dass der Großteil des Mülls, der an deutschen Küsten anlandet, auch bei uns in die Gewässer gelangt. Verursacher sind Tourismus, Fischerei, Schifffahrt, Industrie und Gewerbe sowie Privathaushalte und küstennahe Anlagen. Für diese Hauptverursacher werden am IBU Vermeidungs- und Minimierungsstrategien erarbeitet, welche alle Akteure in die Lösungsfindung einbeziehen. Dazu können beispielsweise Sammelboxen am Strand, Mehrwegsysteme in der Strandgastronomie oder Zertifikate für verpackungsarme Produkte gehören. „Diese Vorschläge geben wir dann an die Politik weiter, die Regulierungen für Nutzung und Schutz unserer Küsten festlegt“, erläutert der Projektkoordinator, Prof. Jörg-Olaf Wolff.

Projekt stellt Musterbeispiel für die Einbeziehung der Bevölkerung in wissenschaftliche Arbeit dar

An der Entwicklung dieser Vorschläge haben Bürger/-innen maßgeblichen Anteil. Denn die zur Datenermittlung eingesetzten und inzwischen bundesweit bekannten „Oldenburger Holzdrifter“ stellen ein Musterbeispiel für die Einbeziehung der Öffentlichkeit in die sonst selten direkt zugängliche Arbeit der Wissenschaftler dar. „Mit thematischen Einspielungen, u.a. bei der „Sendung mit der Maus“, ist die Meeres- und Nachhaltigkeitsforschung der Universität Oldenburg in die Herzkammern des öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrags vorgedrungen“, weiß Universitätspräsident Prof. Hans Michael Piper zu berichten.

Die Daten der rund 34.000 bisher von Touristen, Anwohnern und Passanten aufgesammelten, nummerierten Holzstücke, die mit dem Meeresstrom treiben, belegen beispielsweise den großen Einfluss von Wind und Wellen auf die Müllverteilung, oder dass anhaltender Wind die rechtsgerichtete Drift der Nordsee auch umzukehren vermag, so dass Holzdrifter sogar England erreichen. So kann das ICBM den Weg des Meeresmülls von der Quelle bis zur Ablagerung verfolgen und seine Strömungsmodelle optimieren. Der große Rücklauf von bisher rund 50% der ausgesetzten Drifter demonstriert auch das große öffentliche Interesse an der Abfallproblematik und die Bereitschaft, an seiner Lösung mitzuwirken.

Informationen zur Veranstaltung: uol.de/hwk-kolloquium-makroplastik/
Veranstaltungsprogramm: uol.de/hwk-kolloquium-makroplastik/programm